Der Brautomat – Ein low cost Temperaturregler zum Bier brauen

Ich glaube das ist der erste einigermassen fachfremde Beitrag auf der Seite aber was solls… Vor ein paar Monaten erzählte mir mein Bruder von einem seiner Kumpels der einen Speidel Braumeister 50L gewonnen hat und deswegen anfing Bier zu brauen. Einer meiner ersten Gedanken war: Wieso brau ich eigentlich kein Bier? Ich liebe Bier (oder eher den Alkohol? 🙃), vor allem ab und zu ein gutes IPA.. nur sind die oftmals ziemlich teuer und überhaupt… soo schwer kanns ja gar nicht sein. Nach ein paar Stunden einlesen wurde mir dann klar, dass meine Gedankengänge doch nicht ganz korrekt waren und gutes Bier brauen ein ziemlich komplexes Unterfangen ist. Trotzdem, ich muss damit anfangen, aber wie?

Stundenlanges durchforsten des Hobbybrauer Forums brachten mich auf den Entschluss gleich von Beginn an in die 60L Klasse einzusteigen. Gegen Ende des letzten Jahres, noch vor dem Umzug, kaufte ich dann die ersten Gerätschaften und so nahm alles seinen Lauf. Mein erster Sud, ein britisches Pale Ale, war gar nicht mal so schlecht, es wurde aber von einem leicht kratzigen und bitteren Abgang begleitet. (Ich wusste damals noch nicht wie wichtig die Wasseraufbereitung ist, wenn man 26°fh hartes Wasser hat). Dennoch war mir klar: So kann es nicht weitergehen, das Brauen muss automatisiert werden, sonst fällt mir nochmals fast der Arm ab vom ständigen Rühren und Umschöpfen der Maische. Gedacht – getan. Und mittlerweile geht das Maischen schon fast von alleine.

Nun zum Thema: der Brautomat ist eigentlich ein primitiver On/Off Regler mit 0.5° Hysterese. Ist die Ist-Temperatur 0.5° über der Soll Temperatur, so schaltet sich die 3.5kW Induktionsplatte ab. Fällt die Temperatur 0.5° unter die Solltemperatur so schaltet sich die Induktionsplatte wieder ein. Ein P-Regler oder gar ein PID-Regler wäre hier ein absoluter Overkill, da die Maische eine gewaltige thermische Masse darstellt und man mit einer Induktionsplatte den Energieeintrag sofort abschalten kann. Bei dem Einkochtopf vom Kumpel sieht die Sache schon ein wenig anders aus.

Er wurde aus/mit zum grössten Teil herumstehenden Teilen gebaut.

  • 8mm MDF
  • SSR
  • 5V Lüfter
  • 2 DC/DC Konverter
  • Einbausteckdose T13
  • Arduino
  • PowerCon True 1
  • 4×20 Charakter Display
  • 24V Netzteil
  • 10k Poti
  • MAX31865 PT100 Board
  • Lasercutter

So sollte das Ding dann ungefähr aussehen. Ich hab dann das Gehäuse im CAD Programm gezeichnet und am nächsten Tag den Lasercutter angworfen.

So..alles fertig gebrutzelt.

Und fertig zusammengesteckt/gelötet/geklebt. Zum Glück sieht man davon im fertigen Zustand nichts mehr. Mein Chef würde mir bei so einem Aufbau die Ohren lang ziehen und laut meckern: “Das sieht ja aus wie hingekackt und hin geschissen.” Naja, ich hab einigermassen Vertrauen in den Aufbau, immerhin hat das SSR noch einen Kühlkörper gekriegt 😂.

Ganz schön kalt hier…

Läuft doch wunderbar. Beim ersten Testlauf war die Hysterese noch +-1°C.

Was macht der Brautomat genau?

Es handelt sich um eine einfache State Machine bei der folgende Parameter können eingestellt werden:

  • Einmaischtemperatur
  • Zeit/Temperatur Eiweissrast
  • Zeit/Temperatur Maltoserast
  • Zeit/Temperatur Verzuckerungsrast
  • Kochdauer

Zuerst werden alle Parameter eingestellt und dann läuft das Programm einfach durch bis die Abmaischtemperatur von 78°C erreicht ist. Auf Knopfdruck kann man den Nachguss erhitzen. Ist dieser erhitzt kann mit einem weiteren Knopfdruck mit dem Hopfenkochen angefangen werden.

Falls jemand den Code als Inspiration will (bitte nicht den Aufbau) kann er hier runtergeladen werden: MergedBetaStufenrast

Mit dem Brautomat alleine lässt sich logischerweise noch kein Bier brauen. Deshalb zeige ich mal noch den Rest meiner Brauanlage.

Die beiden Herzstücke sind der Amihopfen 68L Topf und eine Hendi Induktionsplatte mit 3.5kW Leistung, die sich zum Glück an meinen 13A Dosen betreiben lässt. Damit lässt sich die Maische/Würze in einigermassen sinnvoller Zeit auf Temperatur bringen. Da mir Töpfe mit bereits angeschweisstem Nippel zu teuer waren, habe ich mit dem Dremel ein ca 5cm grosses Loch in den Topf gefräst -geht mit dem Wolframcarbid Fräser von Dremel wunderbar- und dann einen Stutzen reingeschraubt. Leider war es mit der mitgelieferten Dichtung unmöglich den Stutzen dicht zu kriegen, deshalb habe ich ihn einfach mit 2K Epoxidharz angeklebt. Dieser ist Hitzefest bis 125°C und kommt mit der Maische/Würze kaum in Kontakt. Die Kontermutter habe ich trotzdem innen angeschraubt sonst hätte ich immer ein ungutes Gefühl….Ermüdungsbruch wegen abwechselnder thermischer Belastung und so…

Noch ohne Stutzen aber mit Hahn für den Nachguss, damals noch mit Brautomat-Lite.

1.5″ Triclamp Stutzen

Bis jetzt hat der Kleber einwandfrei gehalten. Ich bin nach 10 Suden ziemlich zuversichtlich dass dies auch so bleibt. So ein Stutzen alleine bringt einem ja noch nichts deshalb habe ich bei Aliexpress noch einen 1.5″ Kugelhahn mit 90° Bogen und Verlängerungsrohr gekauft. Das Verlängerungsrohr verhindert das Plätschern und somit eine Sauerstoffaufnahme der Maische während dem Transfer in den Läuterbottich. Der Transfer geht jetzt nicht mehr mehrere Minuten sondern nur noch einige Sekunden. Während dem Läutern findet dann das Erhitzen des Nachgusses statt.

 

Da wir schon beim automatisieren sind. Ein Rührwerk konnte natürlich nicht fehlen und da ich noch ein paar Scheibenwischermotore übrig hatte, musste nur noch das passende Rührwerk her. Ich habe dann in Solidworks meinen Topf und den Einkochtopf des Kumpels nachmodelliert und dann das Rührwerk gezeichnet. Um es kostengünstiger zu produzieren habe ich die Einzelteile mit kleinen Stegen zu einem Blech mit 3 Biegekanten zusammengefügt. Hat mich dann ca 130.- fürs grosse und 100.- fürs kleine Rührwerk gekostet. Das Material ist natürlich 1.4301. Um die beiden Flügel am Motor zu befestigen habe ich einen kleinen Alublock gefräst. Es funktioniert auch mit 60L Dickmaische noch einwandfrei und die Temperaturverteilung scheint auch sehr homogen zu sein.

 

Perfekt: Die Anlage steht und es kann eine beträchtliche Menge Bier damit gebraut werden. Nun aber wohin mit dem ganzen Bier? Nach wochenlangem Flaschensammeln, spülen und desinfizieren machte ich mal einen Abfülltag. 60L Bier in Flaschen abefüllen. Das war eine Menge Arbeit… zum Glück haben mir 2 Kumples dabei geholfen. Sonst wäre ich wahrscheinlich heute noch dran.

Da wir in der Zwischenzeit nochmals einen Sud (1x 60L und 1x 20L) angelegt hatten brauchten wir logischerweise Platz fürs neue Bier… Nur die Flaschen konnten wir ja nicht so schnell leertrinken. Also mussten Kegs her und ein Lagerkühlschrank den ich bei Ricardo für 50.- ersteigern konnte.

Und wo Kegs sind da sind auch eine Schankanlage, ein Keeezer – oh nein bitte aufhören…. to be continued.